Das Weihnachtsmassaker in der Shopping City Süd

 

Das Weihnachtsmassaker in der Shopping City Süd

1. Meet me at the Steakhouse

„Christoph, das kannst du nicht machen. Das ist eine völlig absurde Aktion, die du da vor hast. Du machst dich damit nur unglücklich.“ Seit einer halben Stunde redete Angelika auf ihren Freund ein, der gerade die Kammer seiner Plastik-MP mit einer roten Flüssigkeit  füllte. 

„Mir reicht es“, sagte Christoph wild entschlossen, und drehte den Verschluss zu. „Diese Idioten können nicht so mit mir umspringen. Das ist ja die reinste Verarschung. Ich lasse mir das nicht mehr gefallen. Geli, kapierst du das nicht? Die wollen mich fertig machen.“ Er zielte mit seiner Plastik-MP auf ein imaginäres Ziel und skandierte dazu stakkatomäßig „peng, peng, peng“.

Angelika hob reflexartig die Hände und begann zu schreien. „Leg diese verdammte Waffe weg. Bist du jetzt vollkommen übergeschnappt?“

„Entschuldige, jetzt werde nicht gleich hysterisch. Du weißt ja, dass die MP aus Plastik ist, aber die Leitner weiß es nicht.“

Mit zitternden Fingern griff Angelika nach ihrer Tasse und nahm einen Schluck kalten Kaffee. Sie spürte, wie sie immer wütender wurde. „Christoph, das ist jetzt nicht mehr lustig. Ich verstehe ja, dass du sauer bist, weil du in der Shopping City Süd als Weihnachtsmann arbeiten musst, aber du solltest endlich begreifen, dass daran nicht die Leitner schuld ist. Außerdem ist heute ohnehin dein letzter Arbeitstag, und …“

Christoph stand auf und sah seine Freundin mit funkelnden Augen an. Mit der schwarzen MP im Anschlag hätte er gut als Statist in einem drittklassigen Actionfilm mitspielen können. „Ach so, ich verstehe, jetzt fällst du mir auch noch in den Rücken. Dass du diese frustrierte Spinatwachtel verteidigst, ist ja ein ziemlich starkes Stück.“

Angelika verdrehte die Augen. „Ich verteidige sie doch gar nicht. Ich sage nur, dass sie nicht schuld ist an deiner Situation. Du hast doch selbst gesagt, dass auch die anderen Mitglieder der Auswahlkommission von deinem Drehbuch nicht besonders begeistert waren.“

„Moment, Moment“, antwortete Christoph gereizt und legte seine Waffe zur Seite. „Einige Mitglieder der Filmkommission fanden das Drehbuch sehr wohl originell. Nur die Leitner war von Anfang an dagegen und hat entsprechend Stimmung gegen mich gemacht. Wie sie bei der entscheidenden Sitzung das Wort ergriffen hat, war mir sofort klar, dass sie meinen Film nie und nimmer fördern wird. ‚Einen Film über ein  Weihnachtsmassaker in der Shopping City Süd schaut sich doch kein Mensch an, Herr Reiter‘, hat sie gesagt, und dabei süffisant gegrinst. Damit war die Sache erledigt. Die anderen Mitglieder haben sich natürlich nicht getraut, gegen die Leitner zu stimmen. Das sind ja alles feige Säue. Und die Leitner ist eine frustrierte alte Schnepfe, die …“

„Christoph, bitte spare dir diese primitiven frauenfeindlichen Kommentare.“ Während Angelika das Frühstücksgeschirr in die Spülmaschine räumte, meldete Christophs Handy den Eingang einer Kurznachricht. 

„Das darf ja nicht wahr sein. Diese Idioten wollen heute um 18 Uhr in der Shopping City eine Feier für alle Weihnachtsmänner veranstalten. Die können mich am Arsch lecken, ich bin froh, wenn ich mit diesem Gesindel nichts mehr zu tun habe.“ Christoph griff nach seiner schwarzen Plastik-MP und verstaute sie in einem großen Rucksack. 

Angelika warf ihrem Freund einen flehenden Blick zu. „Christoph, bitte, überlege es dir noch einmal. Die Geschichte kann echt blöd ausgehen.“ Sie sah auf ihre Armbanduhr. „Halb acht. Ich muss in einer Stunde im Museumsquartier sein. Dort findet das Foto-Shooting für dieses Zombie-Theater-Projekt bei den nächsten Wiener Festwochen statt.“

„Treten dort die alten Wiener Theater-Deppen als Zombies auf?“, fragte Christoph und verrenkte seinen Körper wie ein Film-Zombie.

„Christoph, hör endlich auf, alle anderen herunterzumachen. Schön langsam geht mir deine überhebliche Art auf die Nerven.“

„Ist ja wahr“, antwortete Christoph eingeschnappt, „jedes Schwachsinns-Projekt in dieser Stadt wird gefördert, nur für meinen Film gibt es kein Geld. Aber anscheinend ist dir das egal. Hauptsache, du kannst irgendwelche Idioten fotografieren, und wirst dafür auch noch gut bezahlt.“

Angelika atmete tief durch und bemühte sich, ruhig zu bleiben. „Ich habe jetzt keine Lust, mit dir zu streiten. Morgen ist Weihnachten und ich möchte dann einfach ein paar ruhige Tage verbringen. Und zwar mit dir.“

Christoph kratzte sich nervös am Kinn. „Ich verstehe dich ja. Aber du musst mich auch verstehen, Geli. Ich kann das nicht auf mir sitzen lassen. Wenn du die Aktion filmen würdest, wäre das das schönste Weihnachtsgeschenk für mich. Und die Sache wäre damit erledigt. Ich könnte mich dann endlich einem neuen Filmprojekt widmen.“

Angelika dachte kurz nach. „Also, theoretisch …“ Sie zögerte einen Augenblick. „Also, theoretisch könnte ich zu Mittag in der Shopping City sein. Aber ich komme nur, wenn du mir versprichst, dass du dich mit der MP lediglich vor den Eingang des Steakhouses stellst und mit der Waffe posierst. Dann mache ich ein Foto, und fertig. Das wird jeder als Spaß verstehen.“

Christoph schüttelte energisch den Kopf. „Vergiss es. Ich ziehe die Aktion durch, wie geplant.“

„Dass dich die Leitner anzeigen wird, ist dir aber auch klar?“

„Das glaube ich nicht. Bis die kapiert, was da passiert ist, verteile ich als einer von 73 Weihnachtsmännern längst schon wieder irgendwo Zuckerl an die braven Kinder. Außerdem werden heute mindestens 80.000 Leute in die Shopping City erwartet. Was glaubst du, was da für ein Chaos herrschen wird. Das ist das ideale Setting für mein Shooting.“ Christoph betonte das letzte Wort und hoffte, dass Angelika das Wortspiel verstand.

„Und was ist, wenn die Leitner gar nicht in dieses Steakhouse kommt?“

„Die kommt sicher. Da kannst du Gift drauf nehmen. Das mit dem Weihnachtsempfang  im Steakhouse steht ja sogar auf der Homepage des Filmfonds’. Wenn es etwas gratis zum Fressen gibt, sind Leute wie die Leitner die ersten, die die Buffets stürmen. Ja, und plötzlich wird halt ein freundlicher Weihnachtsmann mit Rauschebart das Steakhouse betreten, unter seiner roten Robe eine MP hervorholen und die Frau Leitner ein bisschen mit Filmblut bespritzen. Peng, peng, peng.“ Christoph rieb sich schadenfroh die Hände.

„Und du glaubst, dass dich beim Verlassen des Steakhouses niemand attackieren wird?“

„Entschuldige, wer soll mich attackieren? Ich gehe vorne bei der Tür hinein, mache ‚peng, peng, peng‘ und gehe schnurstracks hinten wieder hinaus. Zwei Minuten später bin ich wieder im McDonald‘s-Laden und verteile dort an die fetten Kinder irgendwelchen Ramsch. Dass ich kurz weg bin, wird niemandem auffallen, weil mich heute bei McDonald‘s ein zweiter Weihnachtsmann unterstützen wird. Das ist übrigens ein skurriler Typ. Er heißt Ignaz, hat ungefähr 150 Kilo und redet nur von seiner armen Mama, die vor ein paar Monaten gestorben ist.“ 

„Wer soll die ganze Aktion eigentlich filmen, wenn ich es nicht mache?“ Angelika  verstaute ihre Fotokamera und einige Objektive in ihrer Fototasche.

„Dann nehme ich die Kamera einfach in die linke Hand und filme das mit“, antwortete Christoph triumphierend. „Keine Angst, das schaffe ich schon. Ich bin ja schließlich als Weihnachtsmann verkleidet und kann mit einer Kamera auftreten, ohne dass sich jemand dabei etwas denkt. Was glaubst du, wie oft ich in den letzten vier Wochen mit grenzdebilen Kindern fotografiert und gefilmt worden bin? Und immer musste ich mit verstellter Stimme fragen, ob diese Rotzlöffel eh brav waren und ihren Eltern gefolgt haben. Auf derart schwachsinnige Weise habe ich noch nie mein Geld verdient wie in dieser verfickten Shopping City Süd.“

Angelika hatte das Gefühl, dass Christoph rationalen Argumenten nicht mehr zugänglich war. Sie überlegte, ob sie diese Leitner einfach anrufen sollte, um sie zu warnen, verwarf den Gedanken aber wieder. Sie folgte Christoph ins Vorzimmer, wo sich beide ihre Winterjacken anzogen.

„Also, Christoph, wir treffen uns um Punkt zwölf vor dem Eingang zum Steakhouse. Du weißt ja, dass ich dich da nicht alleine lassen kann.“

„Du bist ein Schatz“, sagte Christoph grinsend und gab seiner Freundin einen Kuss. 

2. No Happy Meal today

Wenn sie diesen Brief finden bin ich warscheinlich schon tot. Dann bin ich schon bei meiner Mama im Himmel. Ich muss meine Mama rechen. Den das meine Mama gestorben ist daran ist McDonald‘s schuld. Und zwar der McDonald‘s in der Shopping City Süd wo meine Mama mehr als zwanzig Jahre lang gearbeitet hat. Und weil sie am Schluß schon so dick war das sie nicht mehr arbeiten hat können haben sie sie einfach hinausgeschmissen. Diese Schweine. Meine liebe Mama ist an Herzverfettung gestorben. Sie hat kurz vor ihrem Tod mindestens 150 Kilo gewogen. Die Ärzte haben gesagt das sie von den Hamburgern dem Coca Cola den Milk Shakes und den anderen Sachen von McDonald‘s so dick geworden ist. Ich kenne ja auch nichts anderes. Ich bin als Baby schon mit Hamburgern und Cola gefüttert worden. Darum habe ich auch schon eine Fettleber und ein fettes Herz. Ich bin ja auch schon fast so schwer wie meine Mama am Schluß war. Darum wollten sie mich ja eigentlich auch nicht als Weihnachtsmann einstellen. Aber nachdem sie so wenig zahlen und sie keine Leute bekommen haben haben sie mich doch noch genommen. Das ist der Grund das ich heute mittag als Weihnachtsmann bei McDonald‘s sein kann wenn der Geschäftsführer und die anderen hohen Herren von McDonald‘s auch da sein werden. Ist ja groß angekündigt ihre Weihnachtsfeier. Ich werde dann auch da sein mit meiner Maschinenpistole und diese Herren einfach erschießen. Als Weihnachtsmann falle ich da ja nicht auf. Ich habe alles genau vorbereitet. Ich kann ohne meine Mama nicht mehr leben. Wir waren immer zusammen. Wir haben zusammen gewohnt meine Mama und ich. Und jetzt ist sie tot meine liebe Mama und schuld ist McDonald‘s und ich habe meiner armen Mama versprochen das ich sie rechen werde. Ich habe gelesen das schon 2 mal Leute in McDonald‘s Restaurants erschossen worden sind. Einmal in Tasmanien und einmal in San Diego. In Tasmanien sind 35 Leute erschossen worden und in San Diego 21. Ich weiß nicht wie viele ich erschießen werde aber die paar hohe Herren erschieße ich auf jeden Fall. Ich kann nicht anders. Sie haben meine Mama umgebracht und jetzt bringe ich sie um. Ich finde das nur gerecht. Ich hoffe das ich auch erschossen werde damit ich dann bei meiner lieben Mama im Himmel sein kann.

3. Three brothers from Albania

Im verrauchten Kellerlokal „Beograd“ in der Gaullachergasse in Ottakring wurde bereits um acht Uhr in der Früh Karten gespielt. Aber man spielte auch Würfelpoker, Black Jack, Dart und sogar Mikado. Natürlich wurde um Geld gespielt, und zwar um viel Geld. Lediglich an einem Tisch in der Ecke wurde nicht gespielt. Dort saßen drei albanische Brüder und ein Serbe, die etwas miteinander besprachen. Genau genommen sprach nur der Serbe, weil die drei albanischen Brüder nichts zu sagen hatten. Sie sahen den Serben nur mit ausdruckslosen Gesichtern an, weshalb der Serbe nach jedem Satz fragte, ob sie überhaupt verstünden, worum es ginge. Die albanischen Brüder nickten jedes Mal kurz, um dann mit noch ausdrucksloseren Gesichtern zuzuhören. 

Der Serbe hieß Predrag Mladenovi, war aber in einschlägigen Kreisen in Ottakring nur unter dem Künstlernamen „Der Pate“ bekannt. Der Pate war nicht nur in der illegalen Wett- und Glücksspielszene tätig, sondern auch im Geldverleihgewerbe aktiv, also in zwei Geschäftszweigen, die einander hervorragend ergänzten. Das war auch der Grund, weshalb die drei albanischen Brüder jetzt mit dem Paten an einem Tisch saßen.

Die Brüder Admir, Afrim und Agmin waren vor einem halben Jahr von einem albanischen Bergdorf, wo es außer Ziegen und Esel nichts gab, nach Wien gekommen, um hier viel Geld zu verdienen. Das hatte ihnen jedenfalls der „Vermittler“, der eines Tages in ihrem Dorf aufgetaucht war, versprochen. Die drei Brüder hatten daraufhin ihre wenigen Habseligkeiten zusammengepackt und waren mit ein paar anderen Landsleuten nach Wien gereist, wo sie gleich einmal vier Monate lang am Brunnenmarkt schuften durften, um die Reisekosten zu begleichen. Wenig später waren sie dann über Vermittlung eines serbischen „Freundes“ im „Beograd“ gelandet, wo sie in der ersten Woche beim Würfelpoker – natürlich „unter Aufsicht“ – 10.000 Euro gewannen. Von diesem Gewinn geblendet, spielten sie so lange, bis sie 10.000 Euro verloren hatten. Da sie wussten, dass sie diese Schulden nie und nimmer zurückzahlen konnten, mussten sie einen anderen Weg aus ihrer misslichen Lage finden. Das war der Grund, weshalb sie jetzt mit dem Paten an einem Tisch saßen.

„Die drei Geldboten sind eingeweiht und werden keinen Widerstand leisten, wenn ihr mit den Maschinenpistolen auftaucht. Um Punkt zwölf wird der Vormittagsumsatz von IKEA von drei Geldboten zu einem Panzerwagen gebracht. Versteht ihr?“

Die drei albanischen Brüder nickten.

„Ihr seid ja als Weihnachtsmänner verkleidet, weshalb kein Mensch Verdacht schöpfen wird. Es arbeiten insgesamt 73 Weihnachtsmänner in der Shopping City Süd, also werdet ihr nicht weiter auffallen. Obradin wird im Fluchtauto sitzen. Sobald ihr den Geldboten die Säcke mit dem Papiergeld abgenommen habt, läuft ihr zum Fluchtauto, gebt das Geld Obradin und mischt euch dann wieder unter die Leute vor dem IKEA. Ist das klar?“

Die drei albanischen Brüder nickten.

„Damit sind eure Schulden beglichen und ihr könnt wieder ein neues Leben beginnen.“

Dem Paten blutete ein wenig das Herz, wenn er daran dachte, dass die drei Brüder in wenigen Stunden tot sein würden, aber er konnte das Risiko, die Albaner am Leben zu lassen, nicht eingehen. Man würde sie garantiert erwischen und dann würden sie ihn verpfeifen und er würde wieder für einige Zeit in Belgrad untertauchen müssen, worauf er absolut keine Lust hatte. Hier in Ottakring war er der König, und so sollte es auch bleiben.

4. High Noon

Am letzten Einkaufssamstag vor Weihnachten war in der Shopping City Süd die Hölle los. Bereits zu Mittag waren alle 10.000 Parkplätze besetzt, und die 4.500 Beschäftigten in den 330 Geschäften hatten nicht einmal mehr Zeit zum Klogehen, weil sie von Käuferhorden überrannt wurden. Auch die 73 Weihnachtsmänner wussten nicht mehr, wo ihnen der Kopf stand, weil immer mehr Kinder auf sie einstürmten und sie Angst haben mussten, von den hysterischen Massen erdrückt zu werden. 

In diesem Chaos fiel es also nicht weiter auf, dass sich kurz vor zwölf fünf Weihnachtsmänner in die gleiche Richtung bewegten. Christoph gab seiner Freundin Angelika vor dem Steakhouse ein verstecktes Zeichen, der dicke Ignaz betrat den daneben liegenden McDonald‘s-Laden, und die drei albanischen Brüder begaben sich zu einem Seiteneingang des angrenzenden IKEA-Gebäudes.

Um Punkt zwölf Uhr öffnete sich dort eine Tür und drei Geldboten näherten sich ihrem gepanzerten Fahrzeug, das in der Nähe geparkt war. Als die Geldboten auf das Eingreifen der drei Weihnachtsmänner warteten und Obradin in seinem BMW seine MP zückte, zogen die drei Albaner ihre Waffen und erschossen nicht nur die Geldboten, sondern auch Obradin, der tot war, noch ehe er mitbekam, was soeben geschehen war. Die drei albanischen Brüder schulterten die Geldsäcke und marschierten seelenruhig zu einem Fluchtauto, das von Envar, ihrem Vater, gelenkt wurde.

In dem Augenblick, in dem die Albaner ihre Schüsse abgaben, begann im McDonald‘s-Laden der dicke Ignaz wie wild um sich zu ballern. Da er kein besonders guter Schütze war, erschoss er nicht nur einige führende Herren von McDonald‘s, sondern auch ein paar Kunden, denen ihre ketchupverschmierten Münder vor Schreck offen standen. Nachdem er gesehen hatte, dass die für den Tod seiner Mutter Verantwortlichen tot waren, verließ er das Restaurant und wusste nicht, was er tun sollte.

Zur gleichen Zeit zielte im Steakhouse Christoph mit seiner Spielzeug-MP auf Dietlinde Leitner, die  gerade nach einem Brötchen griff, und bespritzte sie mit künstlichem Blut. Da Leitner nicht wissen konnte, dass die MP nicht echt war, griff sie sich an die Brust und schrie: „Hilfe, ich bin getroffen worden.“ Während Angelika die Aktion filmte und Christoph mit ihr nach draußen rannte, spielten sich vor dem Steakhouse, dem McDonald‘s-Restaurant und dem IKEA-Gebäude chaotische Szenen ab. Wachleute schossen wahllos auf Weihnachtsmänner, die sich unter die Menschenmassen gemischt hatten, Ignaz schoss ebenso wahllos zurück, und die albanischen Brüder, die im Stau stecken geblieben waren, begannen ebenfalls um sich zu schießen. Christoph warf sich mit Angelika zwischen parkenden Autos zu Boden und riss sich sein Weihnachtsmann-Kostüm samt Rauschebart vom Leib. Dass er sich in die Hosen gemacht hatte, hatte er gar nicht mitbekommen.

Drei Stunden später war das Gelände geräumt und die Sicherheitsbehörden gaben in einer ersten Stellungnahme bekannt, dass während des Weihnachtsmassakers in der Shopping City Süd 49 Menschen getötet und Dutzende verletzt worden waren. 

Die Direktorin des Wiener Filmfonds, Dietlinde Leitner, die mit einem schweren Schock im Krankenhaus lag, erklärte noch am selben Tag, dass man das Weihnachtsmassaker in der Shopping City Süd von einem renommierten Hollywood-Regisseur verfilmen lassen werde. 

Als Christoph diese Nachricht hörte, besorgte er sich einen Arztkittel und stattete Dietlinde Leitner im Krankenhaus einen Besuch ab.

In: „Mords-Bescherung 3“, hrsg. von Jeff Maxian und Erich Weidinger, Emons Verlag, Köln 2018

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